"Recht haben" heißt noch nicht "Recht bekommen" - das Risiko, einen Prozess zu verlieren, ist immer vorhanden.
Ein verlorener Prozess kann hohe Anwalts-, Gerichts- und Sachverständigenkosten zur Folge haben, eine Rechtsschutzversicherung kann dieses Kostenrisiko abnehmen. Am Markt werden unzählige Rechtsschutzversicherungen angeboten; die Palette reicht von einer Basisversicherung bis zum Rundumpaket.
Selbst die beste Rechtsschutzversicherung deckt aber nicht alle Streitfälle. Gewisse Risiken sind überhaupt nicht versicherbar, darüber hinaus muss in vielen Fällen eine Wartefrist verstreichen, bevor eine Rechtsschutzdeckung besteht.
Es müssen daher Anwaltskosten – trotz bestehender Rechtsschutzversicherung – immer wieder selbst bezahlt werden.
Mein Tipp:
Erstellen Sie bereits vor Abschluss einer Rechtsschutzversicherung ein exaktes Anforderungsprofil und nehmen Sie eine umfängliche und gute Beratung in Anspruch. Klären Sie vor allem folgende Fragen ab:
- Für welche Streitigkeiten soll Versicherungsschutz bestehen?
- Ab wann soll Versicherungsschutz bestehen?
- Welche Rechtsschutz-Bausteine sind erforderlich?
Welche Rechtsgebiete umfasst eine allgemeine Rechtsschutzversicherung?
Ein "Basisversicherungspaket" umfasst in der Regel folgende Bereiche:
- Allgemeiner Vertragsrechtsschutz (betrifft nur bewegliche Sachen)
- Schadenersatzrechtsschutz
- Strafrechtsschutz (ausgenommen Vorsatzdelikte)
- Beratungsrechtsschutz (üblicherweise 1x / Monat)
Weitere Bausteine wie etwa Rechtsschutz für KFZ, Arbeitsrecht, Erb-/Familienrecht, Mietrecht, Liegenschaftsrecht, Inkasso etc. müssen zusätzlich abgeschlossen werden.
Genaueres muss mit dem Versicherungsberater erörtert werden, weil die Bausteinpalette von Versicherung zu Versicherung stark variiert und viele Bausteine hier nicht angeführt werden können.
Was ist von einem Rechtsschutz-Versicherungsschutz umfasst?
Rechtsschutzversicherungen decken grundsätzlich nur Streitigkeiten.
Somit sind sämtliche anwaltlichen Vertretungen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Verträgen, Vereinbarungen, Erstellung von Testamenten, Errichtung von Gesellschaftsverträgen etc. nicht vom Versicherungsschutz umfasst, weil es sich um keine Streitigkeit handelt.
Abhängig von der Art der Rechtsschutzversicherung besteht in einem solchen Fall lediglich die Möglichkeit, sich im Vorfeld beraten zu lassen. Solche Beratungsgespräche sind in den meisten Rechtsschutzversicherungen enthalten, können in der Regel einmal monatlich in Anspruch genommen werden und werden von der Versicherung gedeckt.
Derartige Rechtsberatungen sind jedoch keine umfängliche rechtliche Unterstützung, weil im Rahmen eines Beratungsgespräches lediglich Grundzüge erklärt werden können, sie umfassen auch nicht die Prüfung von Verträgen und deren Inhalt.
Selbst wenn in einigen Sparten (zum Beispiel Erbrecht), Versicherungsschutz gewährt wird, ist dieser nur auf das streitige Verfahren beschränkt. Wird daher im Zuge eines Todesfalls im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung über Erb- oder Pflichtteilsansprüche gestritten, ist dies von der Deckung der Rechtsschutzversicherung nie umfasst, da das Verfahren vor dem Gerichtskommissär nicht als streitiges Verfahren vor einem Gericht gilt. Erst wenn Erbansprüche gerichtlich geltend gemacht werden, besteht Versicherungsschutz.
Welche Risiken sind nicht versicherbar?
Jede Rechtsschutzversicherung findet ihre Vertragsgrundlagen in den allgemeinen Versicherungsbedingungen. Diese sind für jede Rechtsschutzversicherung gleich, daher auch jene Sparten, die mit einer Rechtsschutzversicherung nicht abgedeckt werden können, und zwar:
- Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung/Umbau eines
Gebäudes, deren Planungsmaßnahmen und Finanzierung
("Bauherrn-Risiko")
- Akte der Hoheitsverwaltung im Falle von Enteignungen, Grundverkehr-,
Raumordnungs- oder Grundbuchsangelegenheiten
- Steuer-, Zoll- und sonstige Abgaben
- Arbeitsverträge von Geschäftsführern juristischer Personen
- Handelsvertreter-Verträge
- Wettbewerbsrecht
- Ansprüche im Zusammenhang mit Jagd-und/oder Fischereirechten als
Eigentümer oder Pächter
- Streitigkeiten aus dem Versicherungsverträgen mit dem
Rechtsschutz-Versicherer
Bei Verwaltungsstrafverfahren ziehen Versicherungen sog. "Bagatellgrenzen" ein, das heißt, nicht jede Verkehrsstrafe kann mit Rechtsschutzdeckung bekämpft werden. Liegt die angedrohte Strafe unter einer gewissen Grenze, besteht kein Versicherungsschutz.
Ab wann gilt eine Rechtsschutzversicherung?
Jede Versicherung entfaltet den Versicherungsschutz erst mit Zahlung der ersten Prämie. Davor und bei Nichtzahlung der Versicherungsprämie während des Vertragsverhältnisses besteht kein Versicherungsschutz.
Ab welchem Zeitpunkt Schadensfälle gedeckt werden, ist von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich. In der Regel ist eine Wartezeit abzuwarten, ehe die Versicherung in Anspruch genommen werden kann. Die Wartefristen sind vertraglich unterschiedlich geregelt und betragen üblicherweise 3 Monate ab Vertragsabschluss, sind jedoch je nach versicherter Sparte unterschiedlich lang (Hinweis: manche Rechtsschutzversicherungen sehen von einer Wartefrist ab).
Liegt der Versicherungsfall vor Abschluss der Rechtsschutzversicherung (Vorvertraglichkeit) oder innerhalb der Wartezeit, besteht kein Deckungsanspruch.
Was versteht man unter Schadensfall?
Schadensfall (oder Versicherungsfall) ist das Ereignis, aufgrund dessen rechtliche Hilfe in Anspruch genommen werden möchte. Werden Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis geltend gemacht, wird als schadensauslösendes Ereignis in der Regel der Vertragsabschluss verstanden. Liegt dieser vor dem Abschluss der Versicherung, kann die Deckung verweigert werden.
Eintritt des Versicherungsfalls:
- im Schadenersatzrecht: Eintritt des Schadens
(zB Zeitpunkt des Unfalls)
- im Besitzstörungsrecht: Zeitpunkt der Besitzstörungshandlung
- im Gewährleistungsrecht: Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, aus
dem die Gewährleistungsansprüche abgeleitet werden
- im Vertragsrecht: Zeitpunkt des Vertragsabschlusses
Welche Kosten übernimmt die Versicherung?
Grundsätzlich übernimmt die Rechtsschutzversicherung die Kosten der eigenen rechtsfreundlichen Vertretung.
Im Falle eines Gerichtsverfahrens übernimmt die Rechtsschutzversicherung im Falle des Prozessverlustes auch die Kosten, die auf der Gegenseite für anwaltliche Vertretungen entstanden sind. Ebenfalls übernimmt die Versicherung die im Verfahren angelaufenen Auslagen wie Sachverständigengutachten, Dolmetschergebühren, Gerichtsgebühren etc.
Im Vorfeld eines Rechtsstreites erforderliche Gutachten werden von Rechtsschutzversicherungen in der Regel nicht bezahlt.
Ob die Rechtsschutzversicherung die Kosten eines Rechtsanwalts übernimmt, hängt davon ab, was vertraglich im Versicherungsvertrag vereinbart wurde.
Enthält der Vertrag eine Selbstbehaltsklausel, muss der Versicherungsnehmer – unabhängig vom Schadenfall – einen dem vereinbarten Prozentsatz entsprechenden Teil der entstehenden Kosten selbst übernehmen.
Ist der Versicherungsnehmer ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer, trägt die Versicherung nur die Nettokosten. Der Unternehmer muss die Umsatzsteuer, die auf die Kosten des Rechtsanwalts entfällt, direkt an diesen überweisen (kann aber vom Vorsteuerabzug Gebrauch machen, sodass ihm de facto keine Kosten entstehen).
Übernimmt die Rechtsschutzversicherung nicht die Kosten des Anwalts, hat diese der Versicherungsnehmer selbst zu tragen.
Hinweis: der Kostenzuspruch in einem gewonnenen Prozess ist kein Kostenersatzanspruch des Rechtsanwaltes, sondern ein Schadenersatzanspruch des vom Anwalt vertretenen Klienten. Können die zugesprochenen Kosten beim unterlegenen Gegner nicht einbringlich gemacht werden, muss der vom Rechtsanwalt vertretene Klient dem Rechtsanwalt die Kosten bezahlen, obwohl er den Prozess gewonnen hat.
In einem bereits gerichtsanhängigen Verfahren hat der Versicherungsnehmer "freie Anwaltswahl". Das Recht auf freie Anwaltswahl darf durch keinen Versicherungsvertrag beschränkt werden, die Versicherung muss die Kosten eines frei gewählten Rechtsvertreters übernehmen.
Bei außergerichtlichen Vertretungen im Vorfeld eines Rechtsstreits kann die Versicherung die Kostenübernahme davon abhängig machen, dass der Versicherungsnehmer einen von der Versicherung vorgeschlagenen Rechtsanwalt wählt. Die von der Versicherung vorgeschlagenen Rechtsanwälte sind in einem solchen Fall nur berechtigt, die mit der Versicherung vereinbarten Honorare abzurechnen.
Wer ist versichert?
Versicherungsschutz genießt nicht nur der Versicherungsnehmer, sondern auch der Lebens-/Ehepartner, minderjährige Kinder und volljährige Kinder, die im Haushalt der Eltern leben.
Beim Kfz-Rechtsschutz sind Lenker, Halter, Zulassungsbesitzer, Leasingnehmer und berechtigte Insassen mitversichert, wird das Fahrzeug unbefugt in Betrieb genommen, kann die Deckung abgelehnt werden.